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Aktuelle Entscheidungen zur Haftung bei unerlaubter Rechtsberatung, der Versendung von Mängelrügen über Whatsapp sowie dem drohenden Verlust des Deckungsschutzes der Haftpflichtversicherung bei Verletzung elementarer Berufspflichten.
Auch im Jahr 2024 hat die Rechtsprechung bereits für einige Aufmerksamkeit gesorgt und mehrere interessante Entscheidungen hervorgebracht. In diesem Beitrag möchten wir Ihnen einen Überblick über lesenswerte Urteile und Entwicklungen im Architektenrecht geben. Wir stellen Ihnen eine Auswahl von spannenden Fällen vor und geben Ihnen einen Einblick in die aktuelle Rechtsprechung.
Haftung bei rechtlicher Falschberatung
Das LG Frankenthal (Urteil vom 25.01.2024, Az. 7 O 13/23) beschäftigte sich mit der Haftung eines Energieberaters bei rechtlicher Falschberatung.Was war passiert? Der Bauherr beauftragte den Architekten mit der„qualifizierten Energieberatung und Baubgleitung“ für die energetische Sanierung seines Anwesens. Auf Rat des Architekten entschied sich der Bauherr, das Gebäude in Wohneigentum umzuwandeln, um einen Zuschuss der KfW zu erhalten. Der Architekt wies den Bauherrn weiter daraufhin, dass der Förderantrag bereits gestellt werden könne, wenn eine Vormerkung im Grundbuch eingetragen sei. Nach Eintragung der Vormerkung stellt der Bauherr den Förderungsantrag. Der Antrag wird von der KfW abgelehnt, da zum Zeitpunkt der Antragsstellung die Voraussetzungen für die Teilung des Wohneigentums noch nicht vorgelegen haben, da das Objekt noch nicht in Wohnungseigentum aufgeteilt worden sei. Der Bauherr nimmt in der Folge den Architekten auf Schadensersatz wegen der entgangenen Fördermittel in Anspruch, weil er nicht ausreichend über die Antragsvoraussetzungen informiert und den Anschein erweckt habe, dass die Vormerkung im Grundbuch ausreiche.Zu Recht? Das LG Frankenthal gibt der Klage des Bauherrn vollumgänglich statt. Die Beratung zur Schaffung der persönlichen Voraussetzungen für die Position des Antragsberechtigen ist eine Rechtsdienstleistung nach § 3 RDG. Diese ist gemäß § 5 Abs. 1 RDG nur Rechtsanwälten vorbehalten, da sie qualifizierte Rechtskenntnisse erfordert und den rechtssuchenden Bauherrn vor unqualifiziertem Rechtsrat schützen soll. Der Energieberater wird auch dadurch nicht in seiner Berufsausübung behindert, da er den Bauherrn lediglich auf die Notwendigkeit einer anwaltlichen Beratung hinweisen muss.Bedeutung für die Praxis Seit der Entscheidung des BGH (Urteil vom 09.11.2023, Az. VII ZR 190/22) zu der Haftung des Architekten wegen unerlaubter Rechtsberatung bei Zuverfügungsstellen einer unwirksamen Skontoklausel gewinnt die Abgrenzung zwischen erlaubten Rechtsdienstleistungen als Nebenleistung zum Berufsbild und reinen Rechtsdienstleistungen zunehmend an Brisanz. Das hiesige Urteil trägt insoweit nicht zur Rechtssicherheit bei, wenn man sich den Abs. 2 des § 5 RDG anschaut. Nach der dortigen Nr.3 sind Rechtsdienstleistungen, die im Zusammenhang mit der Fördermittelberatung erbracht werden, erlaubte Nebenleistungen. Wir empfehlen daher lieber Vorsicht statt Nachsicht. In schwierigen Abgrenzungsfragen sollten Sie Ihrem Bauherrn raten, sich rechtliche Unterstützung ins Boot zu holen. Dies gilt umso mehr, da Ihre Berufshaftpflichtversicherung Schäden aus unerlaubter Rechtsberatung in der Regel nicht abdeckt und in der Folge ein etwaiger Schaden aus der eigenen Tasche zu zahlen ist.
Mangelrüge am Bau per WhatsApp
Das OLG Frankfurt (Urteil vom 21.12.2023, Az. 15 U 211/21) hatte sich mit der Frage zu befassen, ob die Zustellung einer Mängelrüge beim VOB/B Vertrag ausreicht oder nicht.Worum ging es? In dem zu entscheidenden Fall stellte der Bauherr zwei Jahre nach Fertigstellung des Daches Leckagen fest und forderte den Bauunternehmer über Whatsapp zur Überprüfung auf. Dieser bestätigte auch („Ok“) und besichtigte das Dach. Nachdem in der Folge eine Mangelbeseitigung ausblieb, beseitigte der Bauherr die Mängel im Wege der Ersatzvornahme selbst und machte die hierfür angefallenen Aufwendung von rund EUR 100.000,- vor Gericht gegen den Unternehmer geltend. Dieser verteidigte sich vor Gericht damit, dass Gewährleistungsansprüche zum Zeitpunkt der Klageerhebung bereits verjährt seien, da die Mängelrüge per Whatsapp zu keiner weiteren Verjährungsfrist von 2 Jahren führen konnte, siehe § 13 Abs. 5 Nr. 1 S. 2 VOB/B.Die Entscheidung des OLG Frankfurt Das OLG Frankfurt gibt dem Bauunternehmer recht und weist die Klage ab. Nach Auffassung des OLG ist die Mängelrüge per Whatsapp keine ordnungsgemäße Mangelbeseitigungsaufforderung im Sinne des § 13 Abs. 5 Nr.1 VOB/B. Voraussetzung für eine ordnungsgemäßge Mängelrüge ist, dass zumindest eine telekommunikative Übermittlung der Mängelrüge zur Wahrung einer gewillkürten beziehungsweise abweichenden Schriftform vorliegt. Das setzt jedoch voraus, dass der Bauherr die Mängelrüge ähnlich wie einen Brief verfasst und wie einen Brief an den Bauunternehmer übermittelt, sodass der Bauunternehmer die Erklärung auch ausdrucken und speichern kann. Diese Voraussetzungen sind bei einer Mängelrüge per Whatsapp gerade nicht gegeben. Insbesondere fehlt die mit der Erklärung einhergehende notwendige Warnfunktion. Durch Einhaltung der vorgesehenen Schriftform soll der Empfänger gerade auf die Wichtigkeit und mögliche Folgen der Nichtbeachtung hingewiesen werden. Das ist bei einer Whatsapp-Nachricht nach Auffassung des OLG nicht gewährleistet.Was nehmen wir aus der Entscheidung mit? Zur rechtssicheren Kommunikation sollte eine Mängelrüge entweder schriftlich, also eigenhändig geschrieben und unterzeichnet, oder per E-Mail oder Fax versendet werden. Dass eine E- Mail das Schriftformerfordernis für eine VOB/B Mängelrüge wahrt, ist bereits obergerichtlich bestätigt worden. Es empfiehlt sich daher für alle Beteiligten am Bau, auf Whatsapp zu verzichten, sofern über gegenseitige vertragliche Pflichten gestritten wird. Die Verwendung sollte auf die Verabredung für ein Feierabend-Getränk oder auf die Versendung lustiger Memes beschränkt sein.
Verstoß gegen elementare Berufspflichten führt zu Verlust des Deckungsschutzes
Eine Frage mit versicherungsrechtlichem Einschlag hatte das OLG Brandenburg (Beschluss vom 17.05.2023, Az. 11 U 144/22) zu klären.Sachverhalt Ein Architekt war mit den Leistungsphasen 5-9 für den Neubau eines Einfamilienhauses beauftragt.Bei der Ausführung der Leistungen der Leistungsphasen 5 bis 8 erbringt der Architekt trotz Mahnungen des Bauherrn grundlegende Architektenleistungen nicht und stellt schließlich seine Leistungen komplett ein. Dem Bauherrn entsteht hierdurch ein Schaden von knapp EUR 70.000,-. Diesen kann der Bauherr gegen den Architekten erfolgreich gerichtlich durchsetzen. Auf der Grundlage dieses Prozesses nimmt der Bauherr im Anschluss den Haftpflichtversicherer in Anspruch.Mit Erfolg? Mitnichten! Unabhängig von dem Umstand, dass dem Bauherrn kein Direktanspruch gegen den Haftpflichtversicherer des Architekten nach dem VVG zusteht, kann sich die Haftpflichtversicherung jedenfalls auf den Ausschlusstatbestand der bewussten Pflichtwidrigkeit berufen. Nach dem eigenen Vortrag des Bauherrn hat der Architekt gegen grundlegende Architektenpflichten trotz Mahnungen des Bauherrn verstoßen und die Leistungen schließlich ganz eingestellt. Verstoß gegen elementare Berufspflichten, deren Kenntnis nach der Lebenserfahrung bei jedem Berufsträger vorausgesetzt werden kann, indiziert die Wissentlichkeit der Pflichtverletzung und führt nach dem OLG Brandenburg in der Folge zum Leistungsausschluss.Praxishinweis Das Urteil des OLG Brandenburg könnte als Referenzpunkt in ähnlichen Fällen dienen, in denen es um die Abgrenzung von Versicherungsschutz bei wissentlichen oder grob fahrlässigen Pflichtverletzungen geht. Eine wissentliche Pflichtverletzung im Kontext einer Versicherung bezeichnet eine Handlung oder Unterlassung, mit der der Versicherte bewusst gegen seine beruflichen Pflichten verstößt. Im Bereich der Berufshaftpflichtversicherung, insbesondere bei Architekten und Ingenieuren, ist die wissentliche Pflichtverletzung ein zentraler Ausschlussgrund. Die Abgrenzung zu Vorsatz ist dabei wesentlich, da Vorsatz in der Regel die absichtliche Herbeiführung eines Schadens impliziert, während die wissentliche Pflichtverletzung bereits bei der bewussten Missachtung von Pflichten ohne direkte Absicht eines Schadenseintritts greift. In der Praxis bedeutet dies, dass der Versicherer im Schadensfall zunächst beweisen muss, dass eine wissentliche Pflichtverletzung vorliegt. Dies kann insbesondere bei komplexen beruflichen Entscheidungen eine Herausforderung darstellen. Ist der Nachweis erbracht, liegt es am Versicherten, gegenteilige Beweise zu liefern, die diese Annahme entkräften könnten. Trägt die Versicherung einen Verstoß gegen elementare Berufspflichten vor, dreht sich die Darlegungslast um. Dann muss sich der Architekt entlasten und plausibel darlegen, wie die Verletzung einer solchen Pflicht unwissentlich geschehen konnte.
Wiesbaden, 11. Juni 2024
Tobias Borschel
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht Ständiger Referent für die Bauakademie Dr. Koch GmbHund bei Inhouse-Seminaren
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